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Digitalministerium statt Digital-Wirrwarr? Warum jetzt echte Führung zählt

Deutschland bekommt ein eigenes Digitalministerium – endlich! Doch was zunächst wie ein großer Schritt wirkt, ist erst der Anfang. Denn wer die digitale Zukunft gestalten will, braucht mehr als ein neues Ministerium. Es braucht Mut zur echten Transformation.

 

Sebastian Büttner

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Wofür es das Digitalministerium braucht

Seit Jahren verheddern sich Digitalprojekte in Deutschland in einem Netz aus Ministerien, Behörden und Gremien. Infrastruktur im Verkehrsministerium, eGovernment im Innenministerium, Digitalstrategie im Kanzleramt – keiner zuständig, jeder beteiligt. Das Ergebnis: langsame Prozesse, uneinheitliche Standards, verpasste Chancen.


Mit dem Digitalministerium entsteht nun erstmals ein Ort, an dem Verantwortung gebündelt wird – und das ist überfällig. Digitalisierung darf kein Querschnittsthema mehr sein. Es braucht eine klare politische Steuerung mit Budget, Durchgriff und Haltung.

Achtung: Ein Ministerium allein reicht nicht

Ein Digitalministerium ist kein Allheilmittel. Die große Gefahr besteht darin, dass es lediglich zum Koordinator des Status quo wird. Echte Digitalisierung bedeutet mehr als Breitband und Online-Portale. Es bedeutet, staatliche Verwaltungsprozesse, Bildungsangebote und Wirtschaftsstrategien neu zu denken – und alte Denkweisen aufzubrechen.


Was jetzt wichtig ist:

  • Eine starke digitale Agenda mit klaren Zielbildern.

  • Die Integration von Wirtschaft, Start-ups und Wissenschaft.

  • Ein besseres Verständnis für moderne Technologien – von KI bis eID.

Gerade bei der Verwaltungsdigitalisierung zeigt sich, wie viel Potenzial verschenkt wurde: Noch immer müssen Bürger:innen für viele Behördengänge persönlich erscheinen, Formulare ausdrucken, unterschreiben, einscannen – oder sogar faxen. Digitalisierung wird zu oft als Nachbau des Analogen gedacht, nicht als Chance zur Vereinfachung und Automatisierung.

Die wichtigsten Schritte wären:

  • Endlich durchgängig digitale Prozesse statt bloßer PDF-Anträge.

  • Zentrale Plattformen für digitale Identitäten und digitale Nachweise, die medienbruchfrei funktionieren.

  • Open-Source-Ansätze und modulare IT-Strukturen, die sich flexibel weiterentwickeln lassen.

  • Mehr Service-Mentalität – der Staat als digitaler Dienstleister.

 

Denn wenn Bürger:innen digitale Verwaltung nutzen sollen, muss sie vor allem eines sein: einfach, schnell und verständlich.

Was Unternehmen jetzt (hoffentlich) erwarten dürfen

Für die Wirtschaft kann das neue Ministerium mehr werden als ein Hoffnungsschimmer. Ein echter Ansprechpartner für digitale Fragen, Förderungen, Pilotprojekte und Infrastrukturvorhaben. Doch die Unternehmen sollten jetzt nicht einfach abwarten – sondern konkret einfordern, dass Digitalisierung mehr wird als ein politisches Buzzword. Gerade jetzt – wo die KI-Welle rollt, Lieferketten digitalisiert werden müssen und neue Plattformen entstehen – braucht es ein Land, das gestalten will.

Führung statt Flickenteppich

Das Digitalministerium kann viel verändern – wenn es mit Mandat, Budget und Gestaltungswillen ausgestattet wird. Für Deutschland ist das eine historische Chance, die Fehler der letzten Jahre nicht zu wiederholen. Für Unternehmen ein Moment, in dem sie neue Wege fordern und mitgestalten können. Dabei gilt: Wer die Zukunft digital gestalten will, braucht mehr als Zuständigkeiten. Er braucht Vision – und den Mut, sie umzusetzen.


Über den Autor:

Der Autor ist Co-Gründer von Quantum Beyond, einem europäischen Beschleunigungsprogramm für die Digitalisierung von Unternehmen. Unter dem Label Quantum Beyond Infinity liegt der Fokus auf AI-driven Organization Design, datengetriebenen Strategien und der intelligenten Mensch-Maschine-Kollaboration, um Unternehmen zukunftsfähig und wettbewerbsstark für das KI-Zeitalter aufzustellen.